
Kurz vor seinem Tod bezeichnete Georg Münchbach die Plastik „Orpheus und Eurydike“ (1957) als sein wichtigstes Werk: „Man soll den Menschen nicht auf die Oberfläche schauen, sondern nach innen.“
Dieses frühe Werk enthält bereits zentrale Elemente seines Schaffens: die Verbindung von Liebe, Verlust, Aufbegehren gegen das Unabänderliche und die Kraft der Kunst. Orpheus, der mit seiner Musik selbst die Götter rührt, wird Sinnbild für die schöpferische Energie, die aus dem Inneren kommt.
Die Figuren sind als Hohlkörper gestaltet – nicht das Äußere, sondern der umschlossene Raum ist das Wesentliche. Dieser „Innenraum“ verweist zugleich auf die innere Welt des Menschen, auf Seele und Energie, die den sichtbaren Körper durchdringen. Hier zeigt sich Münchbachs zentrales Thema: Raumenergie als Kern der Materie.
Auch biografisch lässt sich das Werk deuten. Das Aufeinander-Bezogensein der Figuren und ihre Instabilität ohne einander spiegeln Münchbachs eigene Lebenssituation. Der spätere Verlust seiner Frau durch Alzheimer und ihr „Verschwinden“ in die Vergessenheit erinnert an Eurydikes Gang in die Schattenwelt – ein Motiv, das er später in der Serie „Flußlandschaft Lethe“ verarbeitete.
So wird deutlich, warum er dieses Werk an die Spitze seines Œuvres stellte: Es ist nicht bloße Plastik, sondern Ausdruck seines roten Lebensfadens. Kunst war für Münchbach nie Dekoration, sondern Lebensgestaltung – ein Begleiter, den er am liebsten um sich behielt.
Seine Aussage lädt auch uns ein, nach innen zu schauen: das eigene Leben aus dem inneren Raum heraus zu gestalten, statt nur auf äußere Ereignisse zu reagieren.
Der Innenraum als schöpferische Raumenergie – das ist Münchbachs Vermächtnis.

